Die Bedeutung von Taktgesten für soziale Präferenz und Lernen im Kindes- und Kleinkindalter in Frankreich und Deutschland

Ein gemeinsames Forschungsprojekt der Fachhochschule Potsdam und der Université Grenoble Alpes. Das Projekt wurde gemeinsam entwickelt und wird in gemeinsamer Verantwortung durchgeführt.

Projektbeschreibung

In allen menschlichen Kulturen werden Gesten und Sprache verwendet, um Informationen zu teilen. Gleichzeitig gibt die sprechende Person Auskünfte über sich preis, beispielsweise weisen Akzente darauf hin, welchen kulturellen und geographischen Hintergrund die sprechende Person mitbringt. Diese Aspekte sind schon in der frühen Kindheit relevant, da bereits Babys und Kleinkinder eine visuelle Präferenz für Personen mit der gleichen Muttersprache aufzeigen (Kinzler, Dupoux & Spelke, 2007). Bisher hat sich die Forschung jedoch nicht damit befasst, wie die Gesten, die die Sprache routinemäßig begleiten, die soziale Bewertung beeinflussen. 

Daher werden in diesem Projekt Gesten zusammen mit Sprache untersucht, um die sozialen Präferenzen aufzudecken, die aus der Integration mehrerer kommunikativer Hinweise resultieren.
Hierbei wird insbesondere ein Fokus darauf gelegt, wie Kinder die Gesten von Sprecher*innen in verschiedenen sozialen Kontexten wahrnehmen und wie diese ihr Verhalten beeinflussen. Das Projekt zielt darauf ab, das Verständnis für den Stellenwert der Gestik in der menschlichen Kommunikation zu verbessern. Dadurch soll die Rolle der Gesten bei der Entwicklung von Vorurteilen und Diskriminierung besser herausgestellt werden.

Zunächst werden die Unterschiede in der Gestik von Erwachsenen abhängig von der Art (Kind vs. Erwachsener) und Anwesenheit (real vs. eingebildet) der Zuhörenden im Kulturvergleich (deutsch vs. französisch) untersucht. 
Im nächsten Schritt werden erstmalig qualitativ hochwertige Sets von Stimulus-Videos entwickelt, die den Hintergrund der Geste (einheimisch vs. fremd) und der Sprache (einheimisch vs. fremd) manipulieren. Dadurch wird untersucht, wie verschiedene Kombinationen von Gesten und Sprache (beide muttersprachlich, beide fremdsprachlich oder nicht zusammenpassend) soziale Präferenzen und soziales Lernen beeinflussen. Dieses Projekt wird erstmalig Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen gestischer Kommunikation und Intergruppen-Kognition liefern und Hinweise darauf geben, wie sich dieser Einfluss im frühen Kindesalter entwickelt.

Dafür werden die kindlichen Reaktionen auf die Video-Stimuli mittels Eye-Tracking bei den Kleinkindern und mittels Verhaltensbeobachtung (Auswahl einer Person; Imitation einer Vorführung) bei den Kita-Kindern gemessen.

Insbesondere folgende Fragestellungen werden im Rahmen dieses Projekts untersucht: Bevorzugen Kleinkinder und Kita-Kinder muttersprachlich gestikulierende Personen als Interaktions- und Lernpartner*innen? Unterscheiden sich deutsche und französische Sprecher*innen bei der Benutzung von Gesten in pädagogischen Interaktionen mit Kindern?